InhaltVorheriges Kapitel Nächstes Kapitel

1 Boolesche Algebra und digitale Logik

1.5 Die Grundfunktionen der Digitaltechnik: ODER, UND, NOT


Unter den Booleschen Funktionen mit n = 1 und n = 2 nehmen die Funktionen UND, ODER sowie NOT eine herausragende Stellung ein, weshalb ihre Eigenschaften hier detaillierter diskutiert werden sollen:

1.5.1 Die Boolesche Funktion "ODER"

Der ODER-Funktion (engl. "OR") entspricht in der Mengenlehre die "Vereinigungsmenge" bzw. die Funktion "Disjunktion".

Die Vereinigungsmenge

A B

ist die Menge, die alle Elemente der Einzelmengen A und B enthält, was grafisch wiederum als Venn-Diagramm dargestellt werden kann:


Abb. 1.14: Venn-Diagramm der ODER-Funktion.

Umfaßt der Venn-Kreis, wie vorher definiert, jeweils den Argumentwert "1", so liefert die Logik-Operation a + b also genau dann eine "1", wenn mindestens ein Argument den Wert "1" besitzt.

Diese "Flächenvereinigung" entspricht also der Funktion

ODER bzw. Disjunktion.

Wie beschrieben, wird in der Digitaltechnik eine Erweiterung auf n > 2 vorgenommen, ohne die Grunddefinition der Booleschen Funktion zu modifizieren.

Damit ergibt sich für die n-fache ODER-Funktion:


oder (mit gleicher Aussagekraft)


Dieser Sachverhalt kann auch in Form einer Wahrheitstafel für n Argumente gefaßt werden:

xn
...
x2
x1
f(x1,x2,...,xn)
0
...
0
0
0
<- zeichnet die BFkt "ODER" aus
:
:
:
:
1
1
...
1
0
1
1
...
1
1
1

Tab. 1.6: Wahrheitstafel der ODER-Funktion.

Auch das Schaltzeichen der n-fachen ODER-Funktion wird in entsprechender Weise von dem 2-fach ODER übernommen:


Abb. 1.15: Schaltzeichen der ODER-Funktion (nach DIN).



Mit Blick auf die technische Realisierung wird die hierdurch implementierte Schaltfunktion als "ODER-Gatter" bezeichnet.




1.5.2 Die Boolesche Funktion "UND"


Der UND-Funktion (engl. "AND") entspricht in der Mengenlehre die "Durchschnittsmenge" bzw. die Funktion "Konjunktion".

Die Durchschnittsmenge

A B

ist die Menge, die aus den Elementen besteht, die sowohl in der Einzelmenge A als auch in der Einzelmenge B enthalten sind, was auch in diesem Fall grafisch als Venn-Diagramm dargestellt werden kann:


Abb. 1.16: Venn-Diagramm der UND-Funktion.




Die Logik-Operation a·b ergibt demnach genau dann eine "1", wenn beide Argumente den Wert "1" besitzen.

Diese "Flächenüberschneidung" entspricht also der Funktion

UND bzw. Konjunktion.

Der Übergang zur n-fachen UND-Funktion liefert entsprechend:

oder (mit gleicher Aussagekraft)

Dieser Sachverhalt kann auch hier in Form einer Wahrheitstafel für n Argumente gefaßt werden:


xn
...
x2
x1
f(x1,x2,...,xn)
0
...
0
0
0
0
...
0
1
0
:
:
:
:
0
1
...
1
0
0
<- zeichnet die BFkt "UND" aus
1
...
1
1
1

Tab. 1.7: Wahrheitstafel der UND-Funktion.

Auch das Schaltzeichen der n-fachen UND-Funktion wird in entsprechender Weise von dem 2-fach UND übernommen:

Abb. 1.17: Schaltzeichen der ODER-Funktion (nach DIN).



Mit Blick auf die technische Realisierung wird die hierdurch implementierte Schaltfunktion als "UND-Gatter" bezeichnet.



1.5.3 Die Boolesche Funktion "NOT"

Die Boolesche Funktion "NOT" (Negation, INVERS-Funktion) wurde bereits in Kapitel 1.3 eingeführt und interpretiert.

Der NOT-Funktion entspricht in der Mengenlehre die "Komplementmenge" bzw. die Funktion "Komplementation".


a
f(a)
0
1
1
0

Tab. 1.8: Wahrheitstafel der NOT-Funktion

Diese Funktion stellt eine rein unäre Operation dar, deren Erweiterung auf n Eingangsvariable in dieser Form nicht sinnvoll ist.

In Verbindung mit den n-fachen UND- bzw. ODER-Funktionen nimmt auch diese Funktion allerdings eine Sonderstellung ein (s.u.).


In erweiterter Form kann der Begriff der inversen Funktion eingeführt werden:

Definition:

Zwei Boolesche Funktionen f(x1,x2,...,xn) und g(x1,x2,...,xn) sind zueinander invers, wenn für alle Argument-n-Tupel (x1,x2,...,xn) gilt:

Digitaltechnik (1.4),


Die durch die Inversion vermittelte Abbildung kann wiederum durch Mengen-Diagramme veranschaulicht werden:


Abb. 1.18: Zueinander inverse Boolesche Funktionen.


InhaltVorheriges Kapitel Nächstes Kapitel