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5 Laufzeiteffekte

5.2 Klassifizierung der Hazards

Die Ursachen für Hazardimpulse an den VN-Ausgängen liegen in der Struktur der realisierten Schaltung. Für das Auftreten von Störimpulsen können verschiedene Gründe verantwortlich sein, entsprechend kann auch der zur Störungsbeseitigung erforderliche Aufwand sehr unterschiedlich sein.

Ihren Ursachen (und auch dem Beseitungsaufwand) entsprechend können die Hazards eingeteilt werden in:

Ihrem Verhalten nach können Hazards weiterhin unterschieden werden in:



Die Erscheinungsbilder dieser Hazards werden in den folgenden Impulsdiagrammen verglichen:

Abb. 5.5: Hazard-Klassifizierung.

5.2.1 Logik-Hazards

Definition des Logik-Hazards:

Derartige Signalwechsel werden als "Einkomponenten-Übergänge" bezeichnet.

Zum Auftreten eines derartigen Logik-Hazardimpulses müssen drei Bedingungen erfüllt sein:


Die ersten beiden Voraussetzungen sind fast immer in einem Verknüpfungsnetz anzutreffen, zeitverzögerte Signale laufen dementsprechend zusammen z.B. an einem ODER- oder einem AND-Gatter, so daß statische Hazards entstehen können:


Abb. 5.6: Entstehung von Hazards.

Ein statischer 1-Hazardimpuls tritt meistens an einem ODER-Gatter auf. Im Beispiel (s.o.) sind die Verhältnisse so, daß auf Grund der Laufzeitverhältnisse zwischen den Umschaltvorgängen der Signale x0 und x1 kurzzeitig beide Eingänge den Wert '0' annehmen. Es tritt ein 1-Hazard auf (y0 = 0).Abhilfe könnte in diesem Fall durch Einbau eines Zusatzterms x0·x2 geschaffen werden, der während des Einkomponenten-Überganges stabil auf '1' bleibt und damit den Funktionswert auf '1' hält.

Ein statischer 0-Hazardimpuls tritt in ähnlicher Weise an einem UND-Gatter auf (s.o.), wenn die auf '0' wechselnde Flanke des Einganges x0 relativ zur Flanke an x1 verzögert eintrifft.

Abhilfe schafft wiederum ein zusätzlicher gemeinsamer Term x2, der für diesen Einkomponenten-Übergang stabil auf '0' bleibt.

Im eingangs diskutierten Beispiel kann der Logik-Hazard durch ein zusätzliches Gatter beseitigt werden, das den Term x0·x2 realisiert.

Wie am KV-Diagramm ersichtlich, entspricht dieser logisch redundate Term einem absolut eliminierbaren Primimplikanden.

Als hazardfreies Verknüpfungsnetz ergit sich damit für dieses Beispiel:

Abb. 5.7: Erzeugung eines hazardfreien Verknüpfungsnetzes.

Abb. 5.8: KV-Diagramm mit Zusatzterm x0·x2




Zur Vervollständigung soll die Beispielfunktion nicht in UND/ODER-Form sondern konjunktiv in ODER/UND-Form realisiert werden.

Abb. 5.9: Verknüpfungsnetz in ODER/UND-Form (mit zusätzlichem ODER-Gatter zur Hazard-Maskierung).

Die so entstandene Schaltung enthält jetzt einen 0-Hazard, in diesem Fall für den Einkomponenten-Übergang

x1: '1' '0'

bei konstanten Werten x0 = x2 = '0':

Abb. 5.10: Impulsdiagramm.

Auch in diesem Fall wird der Hazard durch Einführung eines logisch redundanten Gatters beseitigt. Der benötigte Zusatzterm entspricht wiederum einem absolut eliminierbaren Primimplikanden (sieh KV-Diagramm Abb. 5.11).


Abb. 5.11: KV-Diagramm mit Zusatzterm



Funktionsgleichung (KNF) mit Zusatzterm:





Aus den hier durchgeführten Betrachtungen kann also unmittelbar abgeleitet werden:

Logik-Hazards können immer durch Änderung der Schaltungs-struktur beseitigt werden.

Zur Vermeidung von Logik-Hazards ist die schaltungs-technische Realisierung aller Primimplikanden (auch der eliminierbaren) ausreichend.




5.2.2 Funktions-Hazards

Definition des Funktions-Hazards:

Derartige Signalwechsel werden als "Mehrkomponenten-Übergänge" bezeichnet.

An der oben benutzten Beispielschaltung kann aufgezeigt werden, daß diese Form der Hazards auf Grund der Betriebsart sehr leicht auftritt.

Auch wenn Logik-Hazards bereits beseitigt wurden, führen gleichzeitige Übergänge

x1: '1' '0' und x2: '0' '1'

bzw. der umgekehrte Schaltvorgang zu einem Hazard.

Am KV-Diagramm kann diese Situation beobachtet werden:

Abb. 5.12: KV-Diagramm mit Funktions-Hazard




Infolge der mit der Signal-Invertierung verbundenen Laufzeitunterschiede können die Wechsel nicht exakt gleichzeitig (im KV-Diagramm auf der Diagonalen) stattfinden.

Findet der reale Übergang auf dem Weg (1) statt, so wird der Funktionsdefinition entsprechend kurzzeitig der Funktionswert '0' ausgegeben. Auf dem Übergangsweg (2) hingegen wird kein Funktions-Hazard auftreten, da kein wechselnder Funktionswert erzeugt wird.

Funktions-Hazards sind also die Eigenschaft Boolescher Funktion und damit der zugehörigen digitalen Schaltungen.

Zur Verhinderung von Funktions-Hazards muß der verantwortliche Mehrkomponenten-Übergang in eine Folge von Einkomponenten-Übergängen zerlegt werden, so daß kein Wechsel der Funktionswerte mehr auftreten kann. Diese Einkomponenten-Übergänge müssen natürlich frei von Logik-Hazards sein.

Durch diese Maßnahmen wird der Schaltungsbetrieb meistens allerdings stark verlangsamt. Abhilfe kann in diesem Fall nur durch Einsatz "synchroner" Schaltungen geschaffen werden.

5.2.3 Dynamische Hazards

Dynamische Hazard-Impulse entstehen durch statische Hazards, die unmittelbar vor dem Wechsel eines Ausgangssignals auftreten. Sie haben damit zwei Ursachen:

Auf Grund eines Logik- bzw. Funktions-Hazards existiert ein statischer Hazard-Impuls,

der beabsichtigte Signalwechsel, der den Hazard maskieren würde, wird zu spät eingeleitet, d.h. erst nach Auftreten des Hazard-Impulses.

Abb. 5.13: Enstehung eines dynamischen 1-Hazard-Impulses


Derartige dynamische Hazards können nur verhindert werden, wenn die ursächlichen Logik-Hazards beseitigt werden.



Beispiel einer Schaltung mit dynamischem Hazard:

Als Beispiel für eine Schaltung mit dynamischem Hazard soll die folgende Boolesche Funktion realisiert werden:



Dieser Booleschen Funktion entspricht als Schaltungsrealisierung:


Abb. 5.14: Schaltung mit dynamischem Hazard.

Das zugehörige Impulsdiagramm untersucht die zeitliche Entwicklung der beteiligten Signale. Es zeigt sich deutlich, daß das Ausgangssignal y0 sich zunächst auf den neuen '1'-Pegel einstellt. Auf Grund des statischen 1­Hazards, der am Zwischensignal 4 auftritt, kommt es dann jedoch für die Dauer einer Gatterverzögerung zu einem Einbruch. Dieser dynamische 1­Hazards kann offenbar nur vermieden werden durch Beseitigung des ursächlichen statischen Hazards.


Abb. 5.15: Impulsdiagramm



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